Wer sich scheiden lassen will, braucht dafür einen Grund und/oder muss eine gewisse Zeit in Trennung leben (sog. Trennungsfrist). Grundsätzlich gilt: wer sich scheiden lassen will, muss mindestens ein Jahr voneinander getrennt leben. Diese Regelung hat der Gesetzgeber geschaffen, um voreiligen Scheidungsentschlüssen entgegenzuwirken. Der Gesetzgeber sieht in dem Abwarten also die Chance für die Ehegatten, die Ehe doch noch zu erhalten.
Trennungsfristen im Überblick:
- 1-Jahresfrist bei einvernehmlicher Scheidung
- 1-Jahresfrist bei streitiger Scheidung
- 3-Jahresfrist
- Scheidung ohne Trennungsfrist
- Keine Scheidung trotz abgelaufener Trennungsfrist
1. 1-Jahresfrist bei einvernehmlicher Scheidung
Sind sich die Ehegatten darüber einig, sich scheiden zu lassen und leben sie seit mindestens einem Jahr voneinander getrennt, wird der Richter die Ehe scheiden lassen. Hier dient die 1-Jahresfrist als Vermutung, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr hergestellt werden kann (sog. Zerrüttungsvermutung).
2. 1-Jahresfrist bei streitiger Scheidung
Leben die Ehegatten seit mindestens einem Jahr voneinander getrennt, kann die Ehe auch geschieden werden, wenn ein Ehepartner der Scheidung nicht zustimmt. Dem Richter muss dann allerdings glaubhaft gemacht werden, dass die Ehe zerrüttet ist, also die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr hergestellt werden kann, weil mindestens ein Ehegatte dazu nicht mehr gewillt ist. Beispiele dafür können sein, wenn der Ehegatte bereits in einer neuen Partnerschaft lebt usw.
3. 3-Jahresfrist
Leben die Ehegatten seit drei Jahren voneinander getrennt, wird die Zerrüttung der Ehe unwiderlegbar vermutet. Der Richter wird die Ehe dann scheiden – ganz gleich, ob sich ein Ehegatte noch gegen die Scheidung wehrt.
4. Scheidung ohne Trennungsfrist
Leben die Ehegatten weniger als ein Jahr von einander getrennt, können sie sich nur in Ausnahmefällen scheiden lassen. Diese Ausnahmefälle kommen selten vor und setzen immer voraus, dass es dem Ehepartner, der sich scheiden lassen will, nicht mehr zumutbar ist die Ehe bis zum Ende des Trennungsjahres fortzusetzen. Diese Unzumutbarkeit muss sich also in der Person des anderen begründen. Das heißt: wer sich scheiden lassen will, muss beweisen können, dass für ihn es aufgrund des Verhaltens des anderen unzumutbar ist, an der Ehe festzuhalten. Ausreichend sind nicht etwa Unstimmigkeiten oder alles, was man unter „ehetypischen Zerwürfnissen“ versteht. Vielmehr müssen schwere Gründe vorgebracht werden. Einige Beispiele: Gewalttätigkeit, massive Morddrohungen, Alkoholabhängigkeit, Schwangerschaft von einem anderen Mann, Verweigerung der Unterhaltszahlungen für Ehegatten und Kinder, Untreue (wird als alleiniger Grund häufig abgelehnt).
5. Keine Scheidung trotz abgelaufener Trennungsfrist
Das Gesetz bestimmt zwei Fälle, in denen die Ehe nicht geschieden werden soll, auch wenn die Trennungsfrist abgelaufen ist. Erstens zum Schutz der gemeinsamen Kinder (sog. Kinderschutzklausel): dieser Fall ist extrem selten und kommt zum Beispiel nur vor, wenn ernstlich zu befürchten ist, dass ein Kind aufgrund der Scheidung Selbstmord begehen könnte. Zweitens zum Schutz des Ehepartners, der sich nicht scheiden lassen will (Ehegattenschutzklausel): hier muss die Ablehnung der Scheidung das einzige Mittel sein, den Ehepartner vor einer für ihn unerträglichen Lage zu bewahren. Dabei muss es also eine Folge der Scheidung sein, die diesen unerträglichen Zustand herbeiführt. Wirtschaftliche oder seelische Probleme reichen dafür allein nicht aus; möglicherweise aber, wenn durch die Scheidung sich die wirtschaftlichen Probleme ins Unerträgliche verschärfen. Ein weiteres Beispiel ist die schwere Erkrankung eines Ehegatten, die sich durch die Scheidung wahrscheinlich verschlimmern würde. Auch diese Fälle sind – ebenso wie die der Kinderschutzklausel – extrem selten.